Und schon ist Halbzeit. Denken wir mal an all die Menschen, die Weihnachten arbeiten müssen. Ich gehöre zu denen, auf deren Arbeit man auch verzichten könnte, aber nicht will. Deine letzte Telefonrechnung stimmt nicht und verdirbt dir den Feiertag, du brauchst unbedingt noch einen ganz bestimmten Pullover zum Fest, der sowieo nicht mehr rechtzeitig ankommt, ebenso die Blumen für die Erbtante, die dieses Jahr die Erbwürdigkeit anderer Verwandter testet - egal. Schreibe eine Geschichte über ein weihnachtliches Telefonat mit einem Callcenter.
Das rote Weihnachtsmysterium
"Guten Tag und frohe Weihnachten, mein Name ist Kevin Müllermeierschmidt, was darf ich Ihnen schönes bescheren?"
Genervt schaltete Kevin von seinem Gesprächsleitfaden zum Bestellystem. Warum hatte man ihn nur ausgerechnet Heiligabend zur Bescherung für ITF eingeteilt? Das war ja wohl die dämlichste Begrüßungsformel, die je ein Auftraggeber vorgegeben hatte.
"Ja, hi Kevin, schön, dass ich dich Apparat habe. Ich brauche unbedingt den ultastarken Fleckwegreiniger vom Roten Mysterium, mir ist der Festtagsbraten runtergefallen und ich muss die Küche sauber kriegen, bevor meine Schwiegermutter zu Besuch kommt."
"Das rote Weihnachtsmyterium heute nur für 39,99 €. Ja, das ist wirklich ideal in diesem Fall. Dazu empfehle ich Ihnen dann noch den Gänsebraten von Kummerspeck mit Klößen und Rotkohl. Nicht dass es dann dehalb Familienkrach gibt."
"Ach, ich bin ja immer wieder begeistert von ITF, Sie denken wirklich an alles. Ja, lassen Sie mich mal nachdenken, wir sind acht Personen, Onkel Hugo isst immer für zwei, also geben Sie mir das gleich zehnmal."
Vor Kevins Augen begannen die Eurozeichen zu flackern, was für ein geiles Upsell!
"Haben Sie sonst noch einen Wunsch?"
"Ach, Harvey Immens hatte neulich so eine schönes Damantkollier für nur 1.399 €, das brauche ich noch als Geschgenk für meine Frau."
Kevins Laune war schlagartig wieder auf dem Nullpunkt, selbst mit der Upsellprämie würde er Helga nie so ein teures Weihnachtsgeschenk machen können. Seufzend tippte er das Collier ein.
"Darf es sonst noch etwas sein?"
"Achja, Keinkleinbäuchleinmehr hat doch immer diese hübschen Miederhöschen. Das wäre noch das Richtige für die Schwiegermutter. Können Sie mich da beraten?"
"Welche Größe hat die Dame denn?"
"Tja, wenn ich das so genau wüsste. Beschreiben Sie mal die Figur Ihrer Frau und sagen Sie mir, welche Größe sie trägt. Aber scnell bitte, in einer Stunde ist Bescherung."
Kevin ahnte Böses. Eigentlich hätte ihm längst klar sein müssen, dass das nur ein Witzanruf sein konnte. Selbst wenn der Anrufer gleich neben dem Lager wohnte und sich irgendein Depp fand, der ihm das Zeug rübertrug konnten die Sachen nicht mehr rechtzeitig ankommen.
"Da fragen Sie besser erst mal nach. Das macht dann .1.798,90 €, Sie zahlen wie immer per Nachname. Ihre Kundennummer wird mir hier ja schon angezeigt, sie konnte anhand der nicht unterdrückten Telefonnummer identifiziert werden. Ein frohes Fest und auf Wiederhören."
Ein Blick auf die Uhr sagte Kevin, dass er Feierabend hatte. Wenigstens zu Fritzchen würde der Weihnachtsmann rechtzeitig kommen.
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