Es war einmal eine arme Studentin, die hatte keinen Vater und keine Mutter mehr. Sie lernte fleißig, besuchte alle Vorlesungen und arbeitete nachts als Bedienung in einer Kneipe. Ihr Name war Maja.

Es war Silvester. Draußen war es bitterkalt, und Majas böse Zimmerwirtin hatte in der ganzen Wohnung die Heizung ausgestellt, weil sie selbst verreist war. Frierend saß Maja über ihren Büchern, denn auch in den Ferien lernte sie. Aber wie soll man sich etwas merken, wenn einem kalt ist und man Hunger hat? Außerdem musste Maja dringend ein paar Sachen im Internet nachschlagen.
"Ach," dachte Maja. "Es kann wohl nicht schaden, wenn ich heute ausnahmsweise einmal ins Internetcafé gehe, und mir ein trockenes Brötchen und einen heißen Kakao gönne."
Das Internetcafé lag gleich um die Ecke von Majas Wohnung. Sie setzte sich an einen der Rechner und rief erst einmal ihre Mails auf.
"Wieder nichts als SPAM," seufzte Maja. ""Wenn ich doch nur einen Freund hätte, der mir ab und zu mal etwas nettes schreibt!"
Schon wollte sie alle Mails markieren und ungelesen löschen, da fiel ihr ein Betreff besonders auf.
"Ihre drei Wünsche werden noch heute wahr", der Absender lautete: "gute_fee@maerchenland.com" - es klang so lächerlich.
Trotzdem - Maja war klar, sie würde nicht schlafen können, bevor sie wusste, was in dieser Mail stand.
"Herzlichen Glückwunsch, Sie sind die diesjährige Gewinnerin unseres Preisausschreibens "Ihre drei Wünsche werden noch heute wahr". Schicken Sie eine leere Mail zurück an diese Adresse, und Ihre drei geheimsten Wünsche werden in den nächsten vierundzwanzig Stunden in Erfüllung gehen." 
"Blödsinn, das kann doch gar nicht funktionieren", dachte Maja.
Aber auf der anderen Seite, was hatte sie denn zu verlieren? Sie klickte auf den ‚Reply'- Button, und schickte eine leere Email zurück, dann ging sie nach Hause in ihr kaltes Zimmer und schlief ein.
Am nächsten Morgen wachte Maja spät auf. Vorsichtig streckte sie einen Fuß unter der Bettdecke hervor um zu testen, wie kalt es in der Wohnung geworden war. Aber oh Wunder, über Nacht war die Heizung wieder angegangen, und ihr Zimmer war gemütlich warm.
Fröhlich sprang Maja aus dem Bett und lief zu ihrem kleinen Kühlschrank in der Ecke. Tatsächlich, auch dieser Wunsch hatte sich erfüllt. Wo sich gestern nur ein fast leerer Topf Margarine und ein Paket halb vertrocknetes Brot befunden hatten, türmten sich nun die schönsten Delikatessen. Maja deckte den Tisch und begann zu schmausen.
"Das kann es doch gar nicht geben," dachte Maja.
Eilig schlüpfte sie in ihre Kleider und lief los, um zu überprüfen, ob auch ihr letzter Wunsch wahr geworden war. Und tatsächlich, ihr Auszug zeigte, dass jemand zwei Millionen Euro auf ihr Konto überwiesen hatte.
Überwältigt musste Maja sich erst einmal auf den Boden setzen. Mit einem Schlag war sie alle ihre Sorgen los geworden. Endlich hatte auch sie einmal Glück gehabt.
"Und dann, Mama?", fragte die kleine Fee.
"Tja, und wenn sie nicht gestorben ist, dann hat sie die Millionen wohl inzwischen verprasst."
"Das ist aber ein doofes Märchen."
"Menschen sind nun mal dumm. Sieh dir nur diese Maja an: Statt ihre Vermieterin wegen der Heizung anzurufen, friert sie lieber, und nachher ist natürlich die Alte schuld." "Dann hat die Vermieterin die Heizung wieder angestellt?"
"Was denkst du denn? Und weil sie gar nicht so böse war, wie Maja immer dachte, hat sie ihr als Entschädigung das ganze Essen in den Kühlschrank getan." 
"Und die Millionen?"
"Das war eine Falschbuchung von der Bank, aber weil es Schwarzgeld von irgendwelchen Ganoven war, hat das nie jemand reklamiert, und sie konnte das Geld behalten."
"Und was war mit der Mail?"
"Ich war doch noch gar nicht fertig, also hör zu."
Maja saß also auf dem Fußboden vor dem Kontoauszugsdrucker und war baff. Ihre drei größten Wünsche hatten sich tatsächlich erfüllt, sie hatte ein warmes Zuhause, genug zu Essen und mehr Geld, als sie je würde ausgeben können.
"Hey Maja, was sitzt du denn hier rum? Geht es dir nicht gut?"
Maja blickte auf und sah ihren Kommilitonen Ronni an.
"Doch, mir ist nur gerade etwas unglaubliches passiert."
"Komm, ich lade dich ins Café ein, da kannst du mir alles erzählen."
Also gingen die beiden ins Internetcafé, und Maja erzählte Ronni von der Mail und ihren Folgen.
"Geil man, so was sollte man mir mal schicken!", Ronni war begeistert. "Das ist ja eine irre Geschichte. Aber woher haben die denn gewusst, was du dir am meisten gewünscht hast?" "Weißt du, das ist der Haken an der Sache. Bisher habe ich wirklich gedacht, jetzt habe ich alles, was ich jemals wollte, aber wenn ich so darüber nachdenke..."
"Wieso? Was willst du denn noch haben?"
"Nichts materielles. Ich möchte nicht mehr so alleine sein. Stell dir vor, du verbringst den Silvesterabend damit zu lernen und gehst dann früh ins Bett..."
"Da kann ich dir helfen. Wart's ab, ich nehme dich jetzt unter meine Fittiche."
"Und wenn ich dann nicht mehr genug Zeit zum Lernen habe?"
"Ich kriege das doch auch auf die Reihe, und wo du jetzt die Millionen hast, brauchst du ja auch nicht mehr arbeiten zu gehen." 

Gemeinsam verließen sie das Café und spazierten noch ein bisschen durch die Straßen der Stadt. Schließlich kehrte Maja zurück in ihr Zimmer, das ihr auf einmal viel freundlicher vorkam als bisher.
"Fräulein Krause?"
Maja ging ins Wohnzimmer ihrer Zimmerwirtin.
"Ach Frau Holm, Sie sind schon wieder da?"
"Ja, stellen Sie sich vor, zum Glück. Es tut mir ja so leid, dass Sie die ganze Zeit hier im Kalten gesessen haben, die Heizung war kaputt."
Majas Herz machte einen Sprung. Also hatte Frau Holm sie doch nicht aus Boshaftigkeit frieren lassen.
"Möchten Sie nicht zum Abendessen zu mir kommen? Ich habe viel zu viel gekocht."
Vielleicht war die Holm ja doch gar nicht so übel, und vielleicht hatte sie hier ja tatsächlich das Zuhause gefunden, nach dem sie sich immer gesehnt hatte. Maja nickte. Als sie in ihr Zimmer ging, um ihre Jacke abzulegen, rief Frau Holm ihr noch nach.
"Da ist übrigens ein Einschreibebrief für Sie gekommen. Ich habe ihn auf Ihren Schreibtisch gelegt." 
Nervös riss Maja den Umschlag auf. Ob das wohl endlich das Prüfungsergebnis war, auf das sie seit Anfang des Monats wartete? Bestanden - mit sehr gut. Glücklich ließ sich Maja auf ihr Bett fallen. Jetzt war sie erst richtig froh. 
"So, meine kleine Fee, jetzt ist es aber wirklich Zeit, schlafen zu gehen."
"Dann hat also die Oberfee der Maja ihre richtig echten Wünsche erfüllt?"
"Was hast du denn gedacht? Die Oberfee macht niemals einen Fehler, sie weiß genau, was sich die Menschen wirklich wünschen."
"Wenn ich groß bin, Mama, dann möchte ich auch Oberfee werden."

Lächelnd küsste die Feenmutter ihr Kind auf die Stirn, dann ging sie an ihren Computer und begann die Emails zu checken, die ihr die Oberfee aufgetragen hatte. Wer wohl dieses Jahr der glückliche Gewinner des Preisausschreibens "Ihre drei Wünsche werden noch heute wahr" sein würde? 

 

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