Falls Sie ein Studium absolviert oder eine Berufsausbildung gemacht haben, wo haben Sie studiert oder gelernt? Was haben Sie studiert oder welchen Beruf haben Sie erlernt? Woran können Sie sich noch aus dieser Zeit erinnern?


Eigentlich hatten Lutz und ich beschlossen, nach dem Abitur zusammen in Hamburg Bibliothekswesen zu studieren. Bücher waren immer meine Leidenschaft und die Bücherei einer meiner Lieblingsorte. Naiv wie man in den 80ern noch war, glaubten wir, dass dies ein Beruf war, der immer gebraucht würde.


Zuerst hatte ich aber einen Sommerjob in einer Pension auf Juist, eine der schönsten Zeiten meines Lebens und ach all den Jahren immer noch die Insel meiner Träume. Morgens servierte ich den Gästen das Frühstück, richtete die Zimmer, während die Gäste am Strand waren, räumte noch die Küche mit auf und musste nach einem freien Nachmittag abends noch Essen servieren und aufräumen. 


Es war viel Arbeit, aber auch eine schöne, entspannte Zeit, zum ersten Mal weg von zu Hause. Danach stand fest, ich suche mir einen Ausbildungsplatz im Hotel. Gefunden habe ich ihn in Bingen am Rhein. Während Lutz nach Hamburg zog, machte ich schon mal ein Praktikum in meinem zukünftigen Betrieb. 


Drei bis vier Mal am Tag mit einem Ausflugsdampfer die Strecke Bingen - Loreleyfelsen und zurück. Den ganzen Tag an der Bar stehen und für die Serviererinnen die Getränke ausgeben. Der Chef ein Choleriker, der Mitarbeiter und Gäste gleichermaßen schikanierte und seine drei Azubis als billige Servier- und Küchenkräfte missbrauchte. Als die Azubine imzweiten Lehrjahr durch die Zwischenprüfung fiel, kehrte ich nach Bremen zurück.


In der Hinterhand hatte ich noch einen Platz an einer Fachoberschule für die Ausbildung zur Wirtschaftsassistentin für Datenverarbeitung. Computer? Ich? Das war so ziemlich das Letzte, was ich mir vorgestellt hatte, aber am Ende stellte es sich als die richtige Lösung heraus. Zum ersten  Mal entwickelte ich schulischen Ehrgeiz, war richtig gut in Rechnungswesen und auch in den Computerfächern, ganz zu schweigen von Deutsch und Englisch. 


Auch mit meinen Klassenkameraden kam ich ausnahmslos gut klar. Ich träumte davon, nach dem Abschluss in einem Versandhandel unterzukommen, was damals noch Quelle Neckermann und andere Katalogfirmen waren. Leider - oder vielleicht auch zum Glück - klappte das nicht. Dafür fand ich eine Stelle bei einer Zeitarbeitsfirma in München und zog wirklich hinaus in die große, weite Welt.


Nun folgt eine Pause von fünf Jahren, über die ich im nächsten Kapitel schreibe.


Nach fünf Jahren, in denen ich nicht wusste, was ich eigentlich wollte, kam ich durch Zufall auf die richtige Lösung. Eine Inventuraushilfe erzählte mir von einer Sprachenschule, an der man ohne Universität eine Ausbildung zur Dolmetscherin und Übersetzerin machen konnte. Und auf einmal wusste ich, das ist der Beruf, den ich immer machen wollte.


Ich erinnere mich noch an den Glücksmoment, als die Nachricht kam, dass ich die Aufnahmeprüfung bestanden hatte. Und wie ich am ersten Schultag nach langer Zeit in die neue Klasse kam, in der die Meisten zehn Jahre jünger waren, als ich.  Aber diese vier Jahre habe ich nie bereut, auch wenn ich jetzt nicht mehr in diesem Beruf arbeite und sich meine Träume, irgendwann einmal Bücher zu übersetzen, nicht verwirklicht haben.


Ein großes Dankeschön an Herrn Hall und Frau Wiles, die meine Langjährige Abneigung gegen alles, was mit Technik zu tun hatausgetrieben haben.


Ein weiteres großes Dankeschön an Frau Waweru, deren Biografie ich übersetzt habe. Auch wenn die Übersetzung nie veröffentlicht wurde, sie war ein weiterer wichtiger Schritt auf meinem Weg zur Autorin. Eine von vielen Frauen, in die ich heimlich unglücklich verliebt war.


Ein Dankeschön auch an Herrn Gomes, der mich in Spanisch irgendwie soweit brachte, dass ich die Prüfung bestand, auch wenn ich zwei Wochen später oder so mein ganzes Spanisch wieder vergessen hatte.


Es war eine anstrengende, aber schöne Zeit, in der ich neben der Schule noch vie arbeiten musste und zum Teil unter sehr unangenehmen Umständen wohnte. Ich habe aber auch viele tolle Leute kennen gelernt, bei denen ich mich als die Älteste nie ausgegrenzt fühlte. Ich war sogar Klassensprecherin und habe mich für viele Dinge eingesetzt. Steffi, Heike, Birgit, Uli und viele mehr, dankeschön.


Den Abschluss als staatlich geprüfte Übersetzerin habe ich dann richtig gut gemacht und mich auf den Einstieg inden eigentlichen Beruf gefreut. Die Stelle in Rendsburg hatte ich schon vor der mündlichen Abschlussprüfung in der Tasche. Aber dazu in einem anderen Kapitel.


Ironischerweise kann ich in meinem jetzigen Beruf, den ich nie gelernt habe, beide Ausbildungen brauchen und vor allem die zweite Ausbildung hat mir viel verlorenes Selbstwertgefühl zurückgegeben.


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