„Ach Junge, wie schön, dass du so bald schon wieder zu Besuch kommst!“

„Aber Tante Elfi, wir hatten doch so einen gemütlichen Nachmittag neulich. Das müssen wir wirklich öfter machen.“

„Hättest du doch bloß vorher angerufen, dann hätte ich die Schwester gebeten, uns zwei Stück von dem Zitronenkuchen zu bringen, den du so magst. Kann ich dir wenigstens einen Eierlikör anbieten?“

“Zu gerne, Tante Elfi, zu gerne.“

„Erzähl doch mal, wie ist das mündliche Abitur gelaufen?“

„Sehr gut, wirklich sehr gut. Bestanden habe ich auf jeden Fall. Die Note gibt es dann nächste Woche.“

„Ich bin ja so stolz auf dich. Leider hatte ich ja nie eigene Kinder. Da geht einem so etwas bei den Patenkindern besonders nahe. Jaja. Und jetzt willst du also in dieser Mission in Togo ein soziales Praktikum machen und dann  katholische Theologie studieren.“

„Ja, mein Weg steht mir seit Jahren klar vor Augen.“

„Aber hast du dir das denn auch gut überlegt mit dem Zölibat, Junge? Glaub mir, es ist gar nicht schön, wenn am Ende seines Lebens so gar keine Familie hat.“

„Ach Tante Elfi, ich werde eben ein ebenso großz… ich meine gutherziger und liebevoller Pate, dann bekomme ich bestimmt genau so viel lieben Besuch von meinen Patenkindern, wie du.“

„Du bist aber auch ein Schlingel. Warte, ich klingele mal eben nach der Schwester, vielleicht haben sie wenigstens noch etwas vom Grießbrei vom Mittagessen übrig. Hol doch inzwischen schon mal die Rommee-Karten aus dem Schrank, du schuldest mir ja noch eine Revanche.“

„Was gibt es denn Frau Mümmelmann?“

„Ach Schwester Elke, haben sie vielleicht noch etwas vom Grießbrei für meinen Besuch? Der Junge ist doch so ein Süßschnabel.“

„Ich gehe gleich mal nachsehen.“    

„Das ist aber nett. Hast du die Karten gefunden, Junge?“

„Ja, ich musste aber ein bisschen suchen, sie lagen unter dem dicken Umschlag versteckt. Tante Elfi, das ist aber ganz schön gefährlich, so viel Geld hier im Zimmer aufzubewahren.“

„Ach du weißt doch Junge – oder hat dir dein Vater das gar nicht erzählt - dass mein Verhältnis zu Banken etwas zwiegespalten ist. Auf dem Rentenkonto bleibt nur das, was abgebucht wird.“

„Leider hat Papa im Gegensatz zu dir ja nicht auf den rechten Weg zurückgefunden. Das muss ich jetzt wieder gutmachen.“

„Ach mein lieber Junge. Und bei dir bin ich mir sicher, dass ich die Scheinchen auch nicht nachzählen muss. Auch wenn du beim Kartenspielen ganz schön mogelst. Jaja, Tante Elfi ist  zwar schon alt, aber die Augen und das Gedächtnis funktionieren noch hervorragend.“

„Ups, bitte nicht böse sein.“

„Aber Junge, einen kleinen Fehler muss man doch jedem zugestehen. Und denke nicht, dass ich dich nicht durchschaut habe. Heute ist Mittwoch, du musstest das Spiel abkürzen, um rechtzeitig zur Chorprobe zu kommen. Dafür habe ich doch volles Verständnis. Den Grießbrei esse ich selbst zum Abendbrot. Jetzt will ich dir aber noch etwas für die Reisekasse zustecken. Ich weiß doch, dass du nie von dir aus bitten würdest, aber Togo ist weit und du brauchst bestimmt noch das Eine oder Andere. Hier, ich habe den Briefumschlag schon für dich fertig gemacht.“

„Oh, so ein dicker Umschlag! Du bist so eine fantastische Patentante. Ich werde dich jeden Abend in mein Nachtgebet einschließen.“

„Aber gerne doch Junge. Ach und übrigens – wenn du das nächste Mal jemandem weißmachen willst dass du Priester wirst, sag doch deiner Freundin, sie soll nicht die ganze Zeit auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen und andauernd demonstrativ auf die Uhr sehe. Die Anleitung für den perfekten Bankraub im Umschlag ist übrigens für zwei Komplizen, da kann sie sich vielleicht sogar nützlich machen. Wenn ihr euch besser an meine Anweisungen haltet, als deine Eltern, kommt ihr vielleicht sogar an ein bisschen Kohle. Das Falschgeld aus dem anderen Umschlag kannst du übrigens zurückgeben, das nimmt dir niemand ab.“

„Aber, aber, aber…“

„Ist schon gut Junge. Du kannst gehen, gleich kommt eine alte Derrik Folge, du weißt, die verpasse ich nie.“          

[Thema;: Ich will, dass du...]

 

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