"Na Alter, wie läuft's denn so?"
Berger hob die Augen von seinem Bierglas, in das er seit einer halben Stunde trübselig gestarrt hatte. Der Mann neben ihm an der Theke kam ihm vage bekann vor.
"Kennst du den alten Smilie nicht mehr?", der Andere versetzte ihm einen Schlag auf die Schulter. "Ist schon ein paar Jährchen her, was? Hätt'ste wohl nicht gedacht, dass du mich noch mal wiedersiehst."
Smilie lachte. "Jetzt mach dir mal nicht gleich ins Hemd, ich bin dir nicht böse, nur weil du mich damals verpfiffen hast. Komm, ich lad dich auf 'nen Schnaps ein, siehst so aus, als könnt'ste einen vertragen."
Berger sah misstrauisch zu, wie Smilie gleich eine Lokalrunde schmiss. Verdammt, wie hatten sie ihn so schnell wieder rauslassen können?
"Denkst du noch manchmal an die guten, alten Zeiten? Man, zwölf Jahre ist das jetzt her mit dem Raub. Viel scheinst du ja nicht mehr übrig zu haben von der Beute. Hat sich wohl doch nicht ausgezahlt, was?" Smilie prostete ihm zu.
"Du hast aber auch Sachen gemacht damals, legst zwei Wachmänner um und schiebst das dann deinem Kumpel Smilie in die Schuhe, man, man, man. Wenn ich nicht so ein friedfertiger Mensch wäre, würd ich dir das ja jetzt heimzahlen. Aber wie gesagt, das ist Schnee von vorgestern. Außerdem riskier ich wegen dir doch nicht meine gute Führung. Ich krieg jetzt schon seit drei Monaten Hafturlaub, wenn ich weiter brav bin, komme ich im September raus." Berger begann sich zu entspannen. Offenbar führte Smilie wirklich nichts im Schilde. Wenn er nur wüsste, wie der alte Ganove im Knast an die Kohle gekommen war.
"Was treibst du denn sonst so? Wie ich sehe, bist du immer noch jeden Samstag auf der Rennbahn. Hast wohl heute kein Glück gehabt, was, Alter? Wie viel schuldest du deinem Buchmacher denn diesmal? Ach lass stecken, so genau will ich das gar nicht wissen. Wie es aussieht, ist wohl bald ein neues Ding fällig, was?"
Berger zuckte die Achseln. Das Zusammentreffen heute war eigentlich eine Fügung des Schicksals. Bei dem Ding, das er vorhatte, konnte er Smilie gut gebrauche, für einen allein würde es schwierig werden.
"Hast du heute noch was vor?"
"Nö, ich wollt meinem Alten noch ein paar Blumen auf den Friedhof bringen und so, das macht sich ganz gut, von wegen positive Resozialisierungsprognose, aber wenn du einen besseren Vorschlag hast, bis morgen hab ich frei."
Kurzentschlossen stand Berger auf. "Komm mit, ich hab da eine Idee, aber die ist nicht für fremde Ohren bestimmt."
Mit den Worten "Stimmt so!" warf Smilie einen hundert Euro Schein auf die Theke, und sie verließen den Rennplatz. In Bergers altem Fiesta fuhren sie zu einer einsam gelegenen Villa am Stadtrand. Smilie plapperte während der ganzen Fahrt über seine Pläne für nach der Haftentlassung. Berger grinste, daraus würde nichts werden, dafür würde er schon sorgen.
"Siehst du den Schuppen? Da ist für ein paar Tage keiner zu Hause. Ist ein Klacks, die Alarmanlage hab ich schon ausbaldowert, uraltes System, das knackst du mit links. Der Kerl, der da wohnt, sammelt Münzen, und seine Alte hat 'nen Haufen Schmuck. Einfach zu transportieren und schnell in Bargeld umzuwandeln. Was meinst du, willst du dir ein paar Scheinchen für den Neuanfang dazuverdienen?"
Smilie machte ein entrüstetes Gesicht. "Wofür hältst du mich? Ich bin ein ehrlicher Mensch geworden, ich dreh keine krummen Dinger mehr."
"Ach, und woher hast du die Scheinchen, mit denen du die ganze Zeit um dich wirfst? Mach mir doch nichts vor, du hast die Ausgänge doch gut genutzt."
Smilie grinste. "Naja, ganz so ehrlich war ich auch wieder nicht. Warum machst du das denn nicht alleine?"
"Du weißt doch, mit Alarmanlagen habe ich es nicht so, aber für dich ist das echt ein Kinderspiel."

Sie fuhren in ein nahegelegenes Waldstück, um dort auf den Einbruch der Dunkelheit zu warten. Im Kofferraum hatte Berger sein Einbruchswerkzeug.
Endlich war es Zeit, sich auf den Weg zu machen. Den Fiesta parkten sie zwei Straßen weiter und gingen dann durch die menschenleeren Straßen des Villenviertels. Alles war still, nicht einmal ein Wachhund schlug an. Berger wurde nervös, das war kein gutes Vorzeichen. Wenn anfangs alles glatt ging, kam meist schnell das dicke Ende. Aber was sollte hier schon schief gehen? Er hatte die Sache lange genug geplant, es gab kein Risiko.
Sie stiegen über den hinteren Gartenzaun und schlichen zum Haus. Berger zeigte auf die Hintertür.
"Die Sicherung für die Alarmanlage ist im ganz normalen Sicherungskasten. Du brauchst sie einfach nur rausnehmen, wie doof kann man eigentlich sein?"
Wortlos machte sich Smilie daran, das Schloss des Sicherungskasten zu knacken, aber zu Bergers Überraschung schien das schwerer zu sein, als es aussah.
"Komm, lass mich mal" Berger fummelte mit dem Dietrich herum, bis der Kasten aufging. Smilie sah ihm unbeeindruckt zu.
"Bist wohl ein bisschen aus der Übung gekommen, Alter, was?"
Die Sicherungen waren natürlich nicht markiert, aber sie mussten ja einfach nur alle rausdrehen, Strom würden sie da drin nicht brauchen. Das Schloss der Hintertür konnte Berger problemlos knacken. Wenige Minuten später standen sie in der Küche. Berger zog seine Taschenlampe heraus, aber sie funktionierte nicht.
"Verfluchter Mist, ich hab doch heute früh noch neue Batterien eingelegt."
"Tja, da haben sie dir wohl faule angedreht. Na komm, es ist Vollmond, in den oberen Zimmern werden wir schon genug sehen."
Smilie schob Berger durch den dunklen Raum, bis dieser gegen eine Türklinke stieß. "Nun mach schon, worauf wartest du noch."
Berger drückte die Klinke hinunter und trat in einen dunklen Flur. Vorsichtig tastete er sich an der Wand entlang. Irgendwo musste doch die Treppe sein. Sein Fuß stieß gegen etwas weiches, und im selben Moment traf ihn ein Schuss in die Brust.
Das Licht wurde angeschaltet, und Berger sah lächelnd zu der Blondine auf, die mit dem Revolver in der Hand die Treppe herunterkam.
"Gut gemacht, kleines. Die sind beide hin."
Einen Moment lang betrachteten sie die beiden Toten am Boden, den Hausherrn im Morgenrock und den Einbrecher.
"Denk daran, was wir besprochen haben. Dein Mann hat den Kerl auf frischer Tat ertappt und wollte ihn Dingfest machen. Es kam zu einem Kampf, und Berger hat deinen Mann mit der Vase erschlagen."
Smilie drückte Berger das Tatwerkzeug in die Hand.
"Du hörtest den Kampf, nahmst den Revolver aus dem Nachttisch deines Mannes, und hast seinen Mörder erschossen."
Die Blonde nickte. "Der Plan war echt klasse, Smilie. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, dass du dahinter steckst."
"Und wenn ich in sechs Monaten aus dem Knast komme, fangen wir zusammen ein neues Leben an, mit den Moneten deines Alten. Ich muss los, ich hab meiner Mutter gesagt, dass ich bis Mitternacht zu Hause bin. Sonst sorgt sie sich noch, und jagt mir die Bullen auf den Hals."

Mit einem letzten Lächeln verschwand Smilie 


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